Und plötzlich ist alles anders

Habt ihr schon mal erlebt, dass euch oder eurem Kameraden von jetzt auf gleich alles über den Kopf zu wachsen scheint? Stress zuhause, die Eltern oder das Kind schwer krank, der permanent nörgelnde Chef auf Arbeit und dann kommt dieser eine Einsatz, der das Fass nicht nur überlaufen lässt, sondern es mit einem lauten Knall zum Explodieren bringt?
Und plötzlich ist alles anders!
Der Kamerad, der ein schwer traumatisiertes Kind aus dem verunfallten PKW zieht, ist von einer Sekunde auf die andere nicht mehr fröhlich, unbeschwert und ein klein wenig großmäulig, sondern zieht sich noch während des Einsatzgeschehens zurück, ist unkonzentriert, in sich gekehrt und nicht mehr er selbst. Er macht Fehler, prescht wie Falschgeld durchs Geschehen und behindert im schlimmsten Fall die anderen Kameraden bei ihrer Arbeit.
Manchmal sind unsere betroffenen Kameraden auch völlig abgeklärt am Einsatzort, aber bei der Nachbereitung in der Wehr stehen sie völlig neben sich, legen jedes Wort auf die Goldwaage und reagieren gereizt und unverhältnismäßig auf direkte Ansprachen oder den flapsigen Spruch des „Best Buddies“, was vorher nur ein leichtes Zucken der Mundwinkel verursacht hätte.
In solchen Situationen ist es besonders hilfreich, wenn in eurem bestehenden Team ein „kollegialer Erstbetreuer“ den betroffenen Kameraden betreuen und auffangen kann. Er kümmert sich um dessen Wohl, ist bei ihm, verlässt ihn nicht und erdet ihn, bis das ENT sich um die weitere Betreuung kümmern kann.
Die Aufgaben dieses Erstbetreuers sind sehr vielseitig und bringen viel Fingerspitzengefühl, Sensibilität und Beobachtungsgabe mit sich.
Er sondiert schon durch reines Beobachten die Lage und erkennt auch kleinste Veränderungen im Verhalten seiner Mitmenschen im normalen Alltagsgeschehen und bei der Ausbildung.
Sollte eine Schadenslage das Verhalten eines Kameraden so sehr belasten, dass er am Einsatzgeschehen nicht mehr teilnehmen kann, dann ist der Erstbetreuer an seiner Seite. Er betreut ihn in seinem Schock, versorgt ihn sowohl emotional als auch materiell mit Getränken, Wärme und bringt ihn aus der Gefahrenzone.
Schwere Unfälle, tätliche Angriffe, Überfälle, der Einsatz in Katastrophengebieten – immer wieder erleben Feuerwehrangehörige traumatische Ereignisse. Psychische Erkrankungen, Arbeits- und Berufsunfähigkeit können die Folge sein.
Um solche Folgen zu vermeiden, ist eine frühzeitige psychologische Unterstützung der Betroffenen sinnvoll. Hier setzt die psychologische Erstbetreuung an: Ihr Ziel ist es, die akuten Stressreaktionen möglichst zu vermindern und die Weitervermittlung in professionelle psychologische Versorgung sicherzustellen. Ihr seht, dass das Aufgaben- und Einsatzfeld sehr umfangreich und unglaublich wichtig ist, es aber leider viel zu wenig Erstbetreuer gibt.
Der psychischen Belastung unserer Kameraden, wird vielerorts immer noch nicht die Beachtung beigemessen, die sie verdienen. Die Erfahrung zeigt aber, dass es immer wichtiger wird, sich genau dieser Art von psychischer Belastung bewusst zu werden.
Lange Rede, kurzer Sinn: „Wir brauchen mehr von Euch!“
Wir brauchen wache Augen und offene Ohren, Empathie und Kommunikationsbereitschaft. Wir brauchen Kameraden, die auf andere eingehen können. Werdet „kollegiale Erstbetreuer“ und unterstützt euer Team.
Aus nicht aufgearbeiteten Situationen werden nicht zu selten ausgewachsene Probleme, die häufig in handfesten Konflikten -auch untereinander- enden.
Meldet euch bei auf der Internetseite der FUK Brandenburg zum Kurs an. Tut nicht weh und dient einer tollen Sache!
Unser aller Ziel sollte es sein in jeder Ortswehr im Landkreis einen Erstbetreuer zu haben, zum Wohle unserer Kameraden im Einsatzgeschehen.
Über Unterstützung Eurerseits in unserem Fachbereich „Konfliktbewältigung und Gleichstellung“ freuen wir uns wahnsinnig und sind dankbar über mehr Wo/Manpower.

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