Artikel der MOZ Seelow, Katja Gehring
Gemeinsam mit den Freiwilligen Feuerwehren der Region führte der Landkreis Märkisch-Oderland am Sonnabend (22. Oktober) eine großangelegte Katastrophenschutzübung durch. Das primäre Ziel der Aktion war die Erprobung der Zusammenarbeit der im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Einheiten und Organisationen sowie die Überprüfung der Einsatzbereitschaft der beteiligten Einsatzkräfte im Bereich der zuständigen Aufgabenträger.
Feuerwehrleute, Rettungskräfte und sogar Flugleiter Jürgen Auge waren nicht eingeweiht. Die Übung auf dem Airport Neuhardenberg sollte unter möglichst realistischen Bedingungen ablaufen. Flugplatz-Chef Uwe Hädicke stellt sein Areal gern dafür zur Verfügung. „So können wir auch unsere eigenen Leute testen.“ Die letzte Großübung, so Hädicke, habe es vor 13 Jahren gegeben.
Und das war das Szenario: Am Morgen des 22. Oktober beginnt ein Passagierflugzeug des Typs Airbus A320 den Landeanflug auf den Flugplatz Neuhardenberg. Bei der Landung reißt ein Fahrwerk ab, das Flugzeug kommt von der Landebahn ab und neben dieser zum Stillstand. Durch den Aufprall hat sich die Tragfläche vom Flugzeugrumpf getrennt. Ein Triebwerk und das Innere des Flugzeuges brennen. Ein Großteil der Passagiere konnte den Fahrgastraum des Flugzeuges verlassen. Einige Fluggäste befinden sich noch im Innenraum. Um 9.42 Uhr informiert Flugleiter Jürgen Auge die Leitstelle mit dem Hinweis auf die Übung. Die Einsatzkräfte hingegen werden mit dem Stichwort „H: Flugzeugunfall-Groß“ alarmiert.
Es dauert keine zwei Minuten, da heulen die Sirenen im Ort. Asche fliegt durch die Luft, über dem großen Hangar steigt Rauch auf. Lichterloh brennt die Flugzeug-Attrappe. Die erste Feuerwehr – aus Altfriedland – trifft um 9.54 Uhr ein. Sofort werden die Einsatzkräfte konfrontiert mit den Flammen und mit Hilfeschreien. Überall auf dem Gelände sitzen oder liegen Verletzte. Manche von ihnen irren über den Flugplatz, suchen ihre Angehörigen. Traumatisierte Menschen mit Blut verschmierten und zum Teil verbrannten Gesichtern oder sogar abgerissenen Gliedmaßen – täuschend echt wirkt das Bild, das sich den Helfern bietet. Die Verletzten werden von Leuten der Johanniter Unfallhilfe gespielt, ihre geschminkten Wunden sind von echten kaum zu unterscheiden.
Die Feuerwehrleute teilen sich auf. Alle scheinen ihre Aufgabe zu kennen. Die einen löschen die Flammen, die anderen widmen sich den Verletzten. Dabei geht es vor allem darum, beruhigend zur Seite zu stehen. Da ist der Pilot, der alle auffordert, wieder einzusteigen, um weiterzufliegen. Und die junge Frau, die in seine Richtung brüllt: „Geh weg, du hast alles kaputt gemacht. Mein Mann ist verbrannt.“ Die Statisten spielen ihr Schicksal so gut, dass so manch Verantwortlicher zwiegespalten ist. Was macht diese Übung mit den Einsatzkräften? Wie verkraften die Feuerwehrleute, dass sie Tote aus dem Wrack bergen müssen? Und finden die Statisten später aus ihrem Spiel auch wieder heraus? Immerhin harren sie stundenlang aus in der Rolle und an dem ihnen zugewiesenen Platz. „Es ist tatsächlich sehr realistisch“, bestätigt Dennis Ferch, Leiter der Notfallseelsorge MOL. Er ist an diesem Vormittag aus zwei Gründen bei der Übung dabei. Um seine Leute zu beobachten, aber auch um bei Bedarf den Helfern und Schauspielern beizustehen. Sollte dies notwendig werden, würde er für die Betroffenen ein ruhiges Plätzchen suchen, wie er sagt. „Sie vom Geschehen runternehmen, damit das Visuelle verschwindet“, erklärt Ferch.
An der Übung sind 254 alarmierten Einsatzkräfte von den Feuerwehren Altfriedland, Neuhardenberg, Gusow-Platkow, Seelow, Dolgelin und Müncheberg, vom Rettungsdienst und vom Katastrophenschutz beteiligt. Hinter einem Zaun, der in ausreichendem Abstand zum Brandherd aufgestellt wurde, halten sich Beobachter auf, die die Übung in den nächsten Tagen auswerten sollen. Ebenfalls im abgesperrten Bereich verfolgen MOL-Landrat Gernot Schmidt, Seelows Bürgermeister Jörg Schröder, der Amtsdirektor von Seelow-Land, Steffen Lübbe sowie Dr. Markus Grünewald, Staatssekretär im brandenburgischen Innenministerium, den fingierten Einsatz. Zum Schluss der Übung wird noch der Transport der Verletzten in die Rettungswachen, die als Krankenhäuser fungieren, simuliert. Nach etwa dreieinhalb Stunden ist alles vorbei. Die Verantwortlichen zeigen sich zufrieden mit dem Ablauf an diesem Sonnabendvormittag. „Auf den ersten Blick hat alles gut geklappt“, findet der Landrat.