Artikel der FF Rüdersdorf auf ihrer facebook-Seite vom 17.05.2022

Heute jährt sich zum 60zigsten Mal einer der größten Einsätze in Rüdersdorf.

Am 17.05.1962 kam es zu einer Erdgaseruption in Rüdersdorf. Seit 1950 wurde in Rüdersdorf nach Bodenschätzen gebohrt, dabei wurde im Jahre 1953 schon Geschichte geschrieben: An der Erkundungsbohrung ,,Rüdersdorf 10“ wurde eine Tiefe von 3186 m erreicht, zum damaligen Zeitpunkt die tiefste Bohrung Deutschlands (Quelle: 750 Jahre Kalksteinbergbau in Rüdersdorf).

Im Oktober 1961 wurde die Erkundungsbohrung ,,Rüdersdorf 13“ begonnen, welche sich am Essigweg (etwa 30m hinter der heutigen Straßenbahnhaltestelle Marienstraße) befand. Am 17.05.1962 kam es gegen 7:45 Uhr, beim Zurückziehen des Bohrgestänges zu einem Gasaustritt mit hohem Druck, das zu einer starken Lärmbelästigung führte. Eine Sekretärin musste sich mit dem Fahrrad auf den Weg zur Post machen, um zu telefonieren, da die direkte Telefonverbindung defekt war. Um 8:10 Uhr ging der Notruf im Volkspolizeikreisamt (VPKA) Fürstenwalde ein und es wurde Alarm ausgelöst. Ab 8:20 Uhr waren die Feuerwehren Rüdersdorf/Kalkberge, Alt-Rüdersdorf und Woltersdorf an der Einsatzstelle und begannen mit dem kühlen des Bohrturmes mit einer Wasserförderung von 800l/min und der Evakuierung der angrenzenden Wohnhäuser. Ab 9:20 Uhr wurde mit dem Aufbau einer zweiten Leitung durch das Kommando F (Berufsfeuerwehr) aus Fürstenwalde begonnen. Um 10:30 Uhr waren 7 Gruppen Freiwillige Feuerwehr und 4 Gruppen Kommando F Fürstenwalde mit 12 C-Rohren zum Kühlen des Bohrturmes eingesetzt. Die Wasserförderung betrug somit 2400 Liter in der Minute.

Gegen 11:00 Uhr ging der Katastrophenstab als Einsatzleitung im Kulturhaus Rüdersdorf in Betrieb. Um 12:00 Uhr konnte die Wasserförderung auf 3600l/min erhöht werden als die 5. Brandschutzbereitschaft aus dem Kreis Strausberg eine weitere Wasserversorgung aus dem 850m entfernten Kalkgraben aufbaute. Hier musste auch ein Höhenunterschied von 30m überwunden werden. Zum gleichen Zeitpunkt trafen die Brandschutzbereitschaften aus Beeskow, Freienwalde und Fürstenwalde ein. Bis 13:00 Uhr waren 425 Feuerwehreinsatzkräfte in Rüdersdorf im Einsatz. Am Wieseneck waren 10 Tragkraftspritzen zur Wasserförderung und weitere in der Marienstraße zur Wasserfortleitung eingesetzt. Die FF Alt-Rüdersdorf förderte Wasser aus dem Teich in der Woltersdorferstraße. Insgesamt wurden nun 9600l/min gefördert. Das Löschfahrzeug Hennickendorf mit Kam. Mallack wurde zum Transport von Kraftstoff eingesetzt. Am Abend des 17.05.1962 wurden die Einsatzkräfte um 50% reduziert und durch neue Kräfte aus Berufsfeuerwehren und Kräften aus der Feuerwehrschule Heyrothsberge (bei Magdeburg) ausgetauscht. Rund um die Uhr wurde der Bohrturm gekühlt, parallel wurden durch die Gasschutzwehr Gasmessungen durchgeführt.

Am 19.05.1962 wurde ein Turbinenaggregat mit einer Förderleistung von 3200l/min eingesetzt. Ab diesem Zeitpunkt gingen die Zementieranlagen der Nationalen Volksarmee in Betrieb, die zum Verschließen des Bohrloches dienten. Insgesamt waren 14 Anlagen in Betrieb. Diese wurden ebenfalls durch die Feuerwehr mit Wasser versorgt.

Am 29.05.1962 gegen 17 Uhr konnte der Gasaustritt gestoppt werden. Am 30.05.1962 um 10:00 Uhr stellte der Katastrophenstab im Kulturhaus seine Arbeit ein.

In den 14 Tagen kamen täglich über 1100 Kräfte zum Einsatz, 42000 Liter Kraftstoff wurden zur Verfügung gestellt, die Krankenhausküche wurde mit zusätzlichen Kräften aus der Gemeinde Rüdersdorf aufgestockt und versorgte die eingesetzten Kräfte. Es wurden 5 Feuerwehrkräfte verletzt, welche zum sofortigen Ausfall führte (Metallsplitter im Auge, Magenkrank, schwere und leichte Gehörschäden). Weitere 14 Kräfte hatten leichte Gehörschäden (genaue Unterscheidung bei dieser Aufstellung ist uns nicht bekannt). Das öffentliche Leben in Rüdersdorf kam zum Erliegen es wurden unter anderem die angesetzten Jugendweihen verschoben. Das austretende Gas hatte einen hohen Anteil am Edelgas Helium welches in der Folgezeit durch die Technischen Gase Leipzig gefördert und verarbeitet wurde. Die Förderung an der Bohrung ,,Rüdersdorf 13“ und ,,Rüdersdorf 15“ wurde im Dezember 1992 beendet und zurück gebaut.

Der letzte original Schauplatz der Katastrophe, eine ausgespülte Stelle im Fahrbahnpflaster in der Marienstraße vor der Hausnummer 13. Hier stand eine Tragkraftspritze zur Wasserfortleitung welche mit der Kühlleitung diese Stelle freispülte.

Quellen: Abschlussbericht Katastrophe Tiefbohrung Rüdersdorf 13 am 17.05.1962 der Staatliche Geologische Kommission des Ministeriums für Geologie, 750 Jahre Kalksteinbergbau in Rüdersdorf und Augenzeugenberichte.

Wenn Sie zu diesem Einsatz weitere Aussagen machen oder gar Bilder beisteuern könnten, würde sich die FF Rüdersdorf über eine Kontaktaufnahme freuen.

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