MOZ, Annemarie Dier vom 05. Juli 2022
Neben Biologie, Deutsch und Kunst können Schülerinnen und Schüler in Müncheberg nach den Sommerferien ein besonderes Unterrichtsfach belegen. Die Schule und die Freiwillige Feuerwehr in Müncheberg sind damit Vorreiter im Landkreis Märkisch-Oderland. Wo ihre Kinder im kommenden Schuljahr einen Teil des Unterrichts verbringen werden, haben sich die Eltern der künftigen Neuntklässler der Oberschule Müncheberg bereits angesehen: Im Gerätehaus der Müncheberger Ortswehr bestaunten sie Ende Juni Löschfahrzeuge und Einsatztechnik. „Für die Bestellung der Schutzausrüstung haben wir von den Schülern bei der Gelegenheit schon die Größen genommen“, sagt Alexander Grünler.
Der stellvertretende Ortswehrführer und Ausbildungsverantwortliche der Truppe wird ab dem Schuljahr 2022/23 14 Schülerinnen und Schüler der Müncheberger Schule im Fach Feuerwehr unterrichten. Die Oberschule ist nämlich die erste Einrichtung im Landkreis Märkisch-Oderland, die den Feuerwehrunterricht als Wahlpflichtfach einführt.
„Ich bin richtig stolz auf beide Seiten“, freut sich Münchebergs Bürgermeisterin Uta Barkusky über die Zusammenarbeit von Schule und Ortswehr. Anfang des Jahres, bestätigt die stellvertretende Schulleiterin Stefanie Masche, sei die Idee geboren worden, das Pilotprojekt des Landes Brandenburg „Feuerwehr macht Schule“ vor Ort umzusetzen. Dafür haben sich die Initiatoren vorab in Angermünde und Nauen umgeschaut und Tipps geholt, wo das Projekt schon Alltag ist. Das Schulamt musste zustimmen und unter anderem prüfen, ob der vom Bildungsministerium genehmigte Lehrplan verwendet wird und ob genügend Lehrkräfte für den Unterricht zur Verfügung stehen. Für die Brandschutzerziehung stellt das Ministerium des Innern und für Kommunales Fördermittel zur Verfügung, etwa für die Schutzkleidung, und zwar in Höhe von bis zu 80 Prozent des Beschaffungswertes.
Organisation und Aufgaben der Gemeindefeuerwehr, Grundlagen des Brennens und Löschens, Fahrzeug- und Gerätekunde sowie Verhalten in Gefahrensituationen und lebensrettende Sofortmaßnahmen sind nur einige der Unterrichtsinhalte, die Alexander Grünler den 14 Jugendlichen, die sich für das Fach angemeldet haben, vermitteln wird. „Jeweils zwei Stunden pro Woche, geplant sind auch Praxistage mit längeren Unterrichtseinheiten“, erklärt der Ausbildungsverantwortliche den Ablauf. Eine Lehrkraft der Oberschule verantwortet die Benotung der Schüler – schließlich steht am Ende eine Zensur im Fach Feuerwehr auf dem Zeugnis. Doch nicht nur das: Nach erfolgreicher Prüfung erhalten die Jugendlichen die Qualifikation als Truppmann 1 und 2 am Ende der Klasse 9 beziehungsweise 10. „Damit sind die Schülerinnen und Schüler ausgebildete Feuerwehrkräfte und können sich in den Freiwilligen Wehren engagieren“, nennt Grünler einen großen Vorteil des Wahlpflichtfachs für den Nachwuchs. Andere müssen die Feuerwehrgrundausbildung ehrenamtlich in ihrer Freizeit absolvieren. Nicht zu vergessen, ergänzt der stellvertretende Wehrführer, sei die soziale Komponente: Teamfähigkeit, Verständnis und Verantwortungsbewusstsein seien wichtige Eigenschaften, die durch den Feuerwehrunterricht geschult werden.
Wie viele andere Feuerwehren im Kreis haben auch die Ortswehren der Stadt Müncheberg, die zusammen 170 Mitglieder zählen, Nachwuchsprobleme. Um dem Mangel an jungen Engagierten bei den Freiwilligen Feuerwehren etwas entgegenzusetzen, sei das Pilotprojekt ein gutes Mittel, sagt Jens Götze, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbandes. „Über die Schulen können die Feuerwehren direkt auf die Jugendlichen zugehen und sie für die Wehr begeistern. In der neunten, zehnten Klasse ist man in einem Alter, wo man sich orientiert und Dinge ausprobieren will.“ Zwar habe der Verband bisher keine Erfahrung mit dem Programm, jedoch sei denkbar, sagt Götze, dass sich über die schulische Ausbildung die Feuerwehrausbildung insgesamt im Land oder zumindest im Kreis vereinheitlichen ließe. „Das ist bisher nämlich nicht der Fall.“ Mit den Fragen von Aus- und Weiterbildung soll sich künftig ein Fachausschuss befassen, der sich auf Initiative des Kreisfeuerwehrverbandes gerade gründet. Die Schülerinnen und Schüler der Oberschule Müncheberg – die Gruppe sei „gut gemischt“, betont die stellvertretende Schulleiterin – freuen sich aktuell nicht nur auf die Ferien, sondern auch auf den Unterricht im Feuerwehrgerätehaus. Gleich in der ersten Woche nach den Ferien geht es dort mit einem Kompakttag los, sagt Stefanie Masche. „Dann können die Jugendlichen gleich ihre Einsatzkleidung in Empfang nehmen.“